von Eva Gonda

Sich quälen mit Segen

Der Grünheider Triathlon und die Kirchensanierung

Eva Gonda ist Journalistin.

Dorfkirche Grünheide von Nordosten; Foto: Eva Gonda

Die Grünheider Kirchengemeinde ist eingetragenes Mitglied des Brandenburgischen Triathlon-Bundes e. V. Wenn in dem Ort südöstlich von Berlin alljährlich im August Sportler aus nah und fern an den Start gehen, dann nehmen sie ein Segenswort von Pfarrer Steffen Madloch mit auf ihre Wettkampfstrecken zu Lande und zu Wasser.

Ihr Motto: „Sich quälen mit Segen“.

Für die Dorfkirche „Zum guten Hirten“ war der vor zehn Jahren geborene „Grünheider Triathlon“ tatsächlich zum Segen geworden. Anfang 2010 hatte eine vergessene brennende Kerze für erheblichen Brandschaden im Kirchenschiff gesorgt. Die geschätzten Sanierungskosten überstiegen bei weitem den Bestand der klammen Gemeindekasse. Die zündende Idee – zündend diesmal im besten Sinne: Ein fairer sportlicher Wettkampf als Benefizveranstaltung. Einnahmen aus Spenden und Startgeldern sollten zunächst ausschließlich der Sanierung der Kirche zugute kommen.

Siegerehrung beim Grünheider Triathlon; Foto: Evang. Kirchengemeinde

Das Gotteshaus aus rotem Backstein thront seit 1892 auf dem Kellerberg in der Ortsmitte. Es steht zwar unter Denkmalschutz, aber Konsistorium und Denkmalschutzbehörden machen für so „junge“ Objekte nicht gern Geld locker. Dafür gebe es in Brandenburg allein mit seinen zahlreichen mittelalterlichen Kirchen zu viele Baudenkmale mit hohem Erhaltungswert.

Von Problemen aller Art hatten sich die Grünheider schon zu DDR-Zeiten nicht unterkriegen lassen, als es um die Rettung ihrer Kirche ging. Eine komplette Restaurierung war finanziell nicht zu stemmen, und überhaupt musste man in Zeiten der Materialknappheit und der staatlichen Beschränkungen für Kirchenbauten nehmen, was gerade aufgetrieben werden konnte. An den Stil der Erbauungszeit erinnert heute ein kleines Feld an der hellen Apsiswand, das die einstige Ausmalung des Innenraumes dokumentiert. Damals dominierte ein dunkles Braun das gesamte Kirchenschiff. Unter sechs Schichten Tünche ist es heute noch bewahrt. Man entschied sich damals für eine freundlichere Ausgestaltung. An die Wände kam frische Farbe; die ursprüngliche ornamentale Bemalung der umlaufenden Emporenbrüstung wurde mit Hartfaserplatten verkleidet und damit gesichert, schließlich die Brüstung mit Bibelversen und christlichen Symbolen geschmückt. Verräterische Spuren der Faserplatten entdeckt man noch hier und da.

Altarfenster, Jesus als Guter Hirte; Foto: Eva Gonda

Wie sollte nun nach dem Brandschaden von 2010 saniert werden? Zunächst einmal war der Denkmalschutzbehörde der Kompromiss abzuringen, dass die Farbgebung der Sechzigerjahre beibehalten werden konnte. Zugleich sollte alles so hergerichtet werden, wie es die erweiterte Nutzung heute und in Zukunft bedingt. Der alte schadhafte Steinfußboden wurde aufgenommen, die Ziegel für spätere Verwendung verwahrt. Jetzt verbergen sich im neuen Steinfußboden unter anderem die Heizung und eine moderne Elektroanlage. „Früher mussten die Glocken ausgeschaltet werden, wenn die Orgel spielen sollte, weil die Sicherung nicht beides aushielt“, erzählt Steffen Madloch und ist stolz, dass man sich demnächst auch eine Akustikanlage leisten kann. Den Altar aus der Erbauungszeit der Kirche ersetzt jetzt ein schlichter Tisch. Die frisch gestrichenen Kirchenbänke wurden gefälliger angeordnet; die vorderen drei Reihen können problemlos beiseite geräumt werden, wenn etwa bei Konzerten oder anderen Veranstaltungen Platz für die Künstler zu schaffen ist.

Ganz zu Anfang aber hatte eine schier unlösbare Frage gestanden: Woher die 150.000 Euro nehmen, die das Ganze kosten würde? Die Grünheider gründeten spontan einen Förderverein. Man warb um Sponsoren, sammelte Spenden, bündelte alle Kräfte, denen die Erhaltung ihrer Dorfkirche am Herzen liegt. Die Idee für eine der effektivsten Initiativen kam von Vereinsvorsitzendem Dr. Christoph Melzer: der Grünheider Triathlon. Der mobilisiert bis heute den ganzen Ort. Das reicht von den monatelangen Vorbereitungen und der Organisation der Wettkämpfe bis zur begeisterten Begrüßung der Sportler. Am Straßenrand wird gejubelt und angespornt, wird Mineralwasser gereicht oder mit Duschen aus dem Gartenschlauch erfrischt… Ein großes Fest für alle.

Die nicht unbeträchtlichen Einnahmen durch den Triathlon schlugen bei der Finanzierung der Kirchensanierung gut zu Buche. Seit Abschluss der Arbeiten am Gotteshaus 2012 werden nun soziale Projekte unterstützt, wie etwa „Brot für die Welt“.

Und hier schon ein Tipp: Der nächste Triathlon – es ist bereits der zehnte – findet in diesem Jahr am 18. August statt. „Gäste sind herzlich willkommen“, sagt Pfarrer Madloch. „Die können dann auch einen Blick in die nun wieder ansehnliche Kirche werfen, die im Sommer täglich ihre Pforte offen hält.“

Zur Kirche
Vorheriger Beitrag
Die NABU-Kirche in Neu Temmen

Ralf Schwieger ist Pfarrer im Pfarrsprengel Friedrichswalde, zu dem insgesamt fünf Predigtorte im Barnim und in der Uckermark gehören, darunter auch Neu Temmen. Eine kleine, weiße Fachwerkkirche auf einem uckermärkischen […]

von Ralf Schwieger

Nächster Beitrag
Wie eine Kulturkirche in die Provinz kam

Ein Förderverein zieht Bilanz

von Peter Kasper