Im „House of One“ soll die Versöhnung wohnen
Exkursion des Förderkreises zu zwei bedeutenden Kirchen in Halle
Einen Traum zu haben, ist das Eine, ihn zu realisieren das Andere, deutlich Schwierigere. Diese Erfahrung musste auch Gregor Hohberg, Pfarrer der Evangelischen St. Petri – St. Mariengemeinde in Berlin-Mitte machen. Die heillose Zerstrittenheit der drei monotheistischen Religionen ließ ihm keine Ruhe und brachte ihn auf eine Idee: Zu seinem Gemeindegebiet gehört auch der Petriplatz, Gründungsort Berlins und ehemaliger Standort seiner ersten Kirche St. Petri. Deren Fundamente sind inzwischen ausgegraben. Ein neues evangelischen Gotteshaus darauf zu bauen, würde wenig Sinn machen, es gibt genug davon in Mitte. Aber ein Gebets- und Lehrhaus von drei Religionen unter einem Dach, ein „House of One“, in dem Christen, Juden und Muslime beten, sich begegnen, kennenlernen und miteinander reden können, das schien ihm dringend notwendig.
In seiner Gemeinde brauchte der gebürtige Uckermärker für diesen Gedanken nicht lange zu werben, sie stimmte ihm sehr schnell zu. Schwieriger war es, Juden und Muslime für dieses bislang weltweit einmalige Projekt zu begeistern und mit ins Boot zu holen. Aber nach zweijähriger Suche und vielen Gesprächen war auch das geschafft, 2010 waren die Jüdische Gemeinde zu Berlin, vertreten durch Rabbiner Dr. Andreas Nachama, und die muslimische Dialoginitiative Forum Dialog e.V., vertreten durch Imam Kdair Sanci, für das Vorhaben gewonnen.
Um dies zu erreichen, bedurfte es vor allem der Klarstellung, dass der Dialog der Religionen untereinander und mit der Stadtgesellschaft nicht darauf abzielt, die eigene religiöse Prägung aufzugeben. Im Gegenteil, sie soll im Angesicht aller frei und offen gelebt und ihre Traditionen gepflegt werden. Deshalb gibt es in dem Gebäude auch drei Gotteshäuser unter einem Dach, eine Kirche, eine Synagoge und eine Moschee, die durch einen großen Kuppelsaal, den alle durchqueren müssen und nutzen können, verbunden sind. Das Gebäude ist so konzipiert, dass die speziellen Riten von jeder der drei Religionen gepflegt werden können. So wird es für das Laubhüttenfest der Juden z.B. eine Dachterrasse geben, auf der es gefeiert werden kann und die Möglichkeit der Fußwaschung für die Moschee.
International bekannt wurde das Projekt vor allem durch den 2012 ausgeschriebenen weltweiten Architekturwettbewerb, an dem sich rund 200 Architekturbüros beteiligten. Die Herausforderung bestand darin, einen völlig neuen Bautyp für das bisher noch nirgends Versuchte zu entwickeln. Nur ein einziger Entwurf war im Vorstand der Stiftung unumstritten, der des Berliner Architekturbüros Kuehn Malvezzi, der denn auch als Sieger des Wettbewerbs hervorging.
Weitere wichtige Etappen auf dem Weg zur Errichtung des „House of One“ waren der Beginn einer weltweiten Spenden- und Beteiligungskampagne 2014 und die Errichtung eines temporären Pavillons für Veranstaltungen auf dem Petriplatz im Jahr 2018.
Um das „House of One“ bauen zu können, werden rund 43,5 Millionen Euro benötigt, die durch Spenden aus aller Welt aufgebracht werden sollen. Bei einem Spendenstand von zehn Millionen Euro, der aller Voraussicht nach 2019 erreicht wird, kann der erste Bauabschnitt in Angriff genommen werden. Das Haus ist so konzipiert, dass es problemlos in verschiedenen Etappen gebaut werden kann.
Wie groß das Interesse an diesem Vorhaben ist, lässt sich z.B. daran ablesen, dass im renommierten Londoner Victoria & Albert Museum unlängst eine Ausstellung mit dem Titel „Die Zukunft beginnt hier“ stattfand, auf der das „House of One“ als ein zukunftsweisendes Friedensprojekt vorgestellt wurde. Die Aussteller waren so angetan von dem Vorhaben, dass sie das dort präsentierte ein Meter hohe Architekturmodell des Gebäudes aufkauften.
Auch gibt es Anfragen aus Paris und zwei afrikanischen Ländern, die Interesse daran haben, ein ähnliches Projekt zu realisieren.
Obwohl es noch einige Zeit dauern wird, bis das „House of One“ fertig gestellt ist, gibt es dort schon Leben. So findet im temporären Pavillon jeden Freitag um 18.00 Uhr eine Meditation statt. Im September nahm das Haus u.a. an der „Langen Nacht der Religionen“ teil, lud zu einem Gespräch über Religionskritik und Gottesfurcht ein sowie zu einen interreligiösen Friedensgebet.
Im „House of One“ sollen nach dem Willen seiner Initiatoren Frieden und Versöhnung wohnen. Bleibt zu hoffen, dass dieser Wunsch in Erfüllung geht!
Elke Kreischer